Dem deutschen Endverbraucher wird es immer wichtiger, unter welchen Umständen das von ihm verzehrte Fleisch hergestellt wird. Die Anbieter haben dies ebenfalls erkannt und als Antwort darauf 2015 die „Initiative Tierwohl“ gegründet. Mit großer Aufmerksamkeit verfolgte der AfD-Landtagsabgeordnete Stefan Herre, Mitglied des Ausschusses „Ländlicher Raum“, die Berichterstattung rund um die Initiative und so ist es ihm nicht entgangen, dass es durchaus streitbare Punkte gibt. „Die ‚Initiative Tierwohl‘, in Deutschland bereits weit verbreitet, wird von Tierschutzorganisationen kritisiert. Es handele sich dabei um eine reine Marketingstrategie, sagen Tierschützer. Das Wohl der Tiere habe sich durch die Initiative zudem nicht verbessert.“ Dem ging Stefan Herre auf den Grund. Mit einem Antrag (3122), unterstützt von seinen MdL-Kollegen Lars Patrick Berg, Thomas Axel Palka, Udo Stein und Klaus Dürr, bat er die Landesregierung um Stellungnahme.

Leichtfertiger Umgang

„Das Umweltministerium weist jede Verantwortung weit von sich“, erklärt Herre und zitiert aus der Antwort der Landesregierung: „Verantwortlich für die privatwirtschaftlich getragene ‚Initiative Tierwohl‘ sind Unternehmen und Verbände aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel. Diese sind in erster Linie in der Pflicht, die Einhaltung und Umsetzung der im Rahmen der Initiative kommunizierten Kriterien und zulässigen Werbeaussagen einzuhalten.“ Stefan Herre sieht den leichtfertigen Umgang der Landesregierung mit diesem sensiblen Thema höchst kritisch: „3500 Unternehmen nehmen an dieser Initiative, die vom Bundeskartellamt genehmigt wurde, teil. Man rechnet in den nächsten Jahren mit weiteren 2500 Teilnehmern. Unter diesen Umständen sollten die Regierenden doch sehr genau hinschauen, damit der Verbraucher nicht mit falschen Versprechen getäuscht wird.“

Irreführung und Täuschung?

Tatsächlich berichteten diverse Medien, unter anderem der „Bayrische Rundfunk“ und die „Süddeutsche Zeitung“, dass das Siegel nicht zwangsläufig bedeutet, dass Tiere aus diesem Betrieb besser gehalten werden, als jene aus nicht teilnehmenden. „Doch der Kunde geht selbstverständlich davon aus, etwas zum Tierwohl beizutragen, wenn er bewusst diese Wurst kauft“, vermutet Stefan Herre. In ihrer Antwort auf Herres Antrag schreibt das Land Baden-Württemberg: „Um den Verbraucher vor wirtschaftlicher Übervorteilung durch Irreführung und Täuschung zu schützen, wird die Wirksamkeit dieser betrieblichen Eigenkontrollen risikoorientiert überprüft.“ Dies bedeutet, dass der Prüfer das inhärente Risiko und das Kontrollrisiko einschätzt. Stefan Herre warnt vor dieser Methode: „Es bleibt die Gefahr, dass wesentliche Defizite unentdeckt bleiben.“

Lobenswerte Idee, aber…

Auch wenn Herre die Idee lobt, die Situation der Tiere in der Massentierhaltung verbessern zu wollen, hält er die „Initiative Tierwohl“ aktuell nicht dafür geeignet. Hinzu kommt, dass sich CDU/CSU und SPD in ihren Sondierungsgesprächen darauf geeinigt haben,  1,5 Milliarden Euro bis 2021 in die Landwirtschaft und ländliche Räume zu investieren. „Ein großer Teil davon soll dem Tierwohl zugutekommen“, weiß Herre. „Sollte die GroKo zustande kommen, stellt sich die Frage, ob es einer nichtstaatlichen Initiative bedarf, die zudem ihre eigenen Regeln aufstellt.“ Überhaupt sei es Aufgabe der EU, die Gesetze dergestalt zu ändern, dass Tiere unter würdigeren Bedingungen aufgezogen werden. „Die Standards der ‚Initiative Tierwohl‘ sind nur etwas höher als die gesetzlichen. Da wäre es doch weitaus effektiver, wenn die zuständigen Unternehmen und Verbände auf die Politik einwirken, um etwas zu ändern“, schlägt Herre vor. „Doch da dies bisher nicht geschehen ist, bleibt der Verdacht, dass die Initiative nicht ausschließlich das Tierwohl im Fokus hat. Es ist die Aufgabe der Regierung, hier genau hinzuschauen.“