Bei der nächsten Plenarsitzung des Landtags will die AfD-Fraktion die „Baden-Frage“ thematisieren, denn der Umgang mit Andersdenkenden und vermeintlichen Minderheiten ist auch 70 Jahre nach der Zwangsvereinigung von Baden und Württemberg ein Thema. „Es geht nicht, dass bei einer Diskussion zum Landesjubiläum am 27. April im Landtag nur Teilnehmer und Gäste aus Württemberg eingeladen sind“, meint AfD-Fraktionschef Bernd Gögel MdL. „Heute wie damals bei der Volksabstimmung über den Südweststaat im Dezember 1951 wird Baden einfach übergangen und ausgetrickst. Der Zusammenschluss kam seinerzeit ja nur mit Manipulationen gegen den Willen von 52 Prozent der Badener zustande“, so Gögel. „Lediglich in drei der vier Abstimmungsbezirke Nordbaden, Südbaden, Nord- und Süd-Württemberg hatte die Fusion eine Mehrheit. Unter dem Vorwand von 69 Prozent ‚ja‘ insgesamt wurde das dann kurzerhand für den Anschluss Badens und die Zerschlagung des Nachkriegslands Südbaden gegen den Wunsch der Südbadener als ausreichend erklärt.“
„Der Wille des badischen Volkes ist durch die Besonderheit der geschichtlich-politischen Entwicklung überspielt worden“, zitiert Gögel aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1956. Er bedauert, dass das irreguläre Referendum erst 1970 wiederholt werden konnte, als es längst keine Mehrheit mehr für ein eigenständiges Baden gab. „Umso wichtiger ist heute der Respekt vor dem badischen Landesteil. Daran lassen es Landtagspräsidentin Aras und die Landeszentrale für Politische Bildung weiter fehlen“, meint Gögel unter Hinweis auf die Podiumsdiskussion „Wer wir sind! Wer sind wir?“ am 27. April. „Selbst ein deutsch-türkischer Verein wurde einbezogen, aber niemand aus Baden“, bemängelt Gögel einen oberflächlichen Umgang mit Identität und Vergangenheit.
„Humorvolle Kommentare in den Medien gehen an der Sache vorbei. Wir fordern eine Absage oder Neukonzeption der Veranstaltung am 27. April. Vor allem muss sofort ein klärendes Gespräch mit der Landesvereinigung Baden in Europa stattfinden“, erklärt Bernd Gögel. Ob es noch vor dem Termin oder dem Jubiläumsfestakt am 4. Mai zu einem solchen Treffen mit Landtagspräsidentin Aras oder Ministerpräsident Kretschmann komme, sei bislang unklar, meldete dpa am Dienstag.
Scharfe Kritik gibt es auch an der Landeszentrale für Politische Bildung (LPBBW), die den Eklat mitverursacht hat. „Die Baden-Frage ist offenbar immer noch aktuell und zeigt heute, wie wichtig Minderheitenrechte und Opposition in der Demokratie sind“ meint Bernd Gögel: „Würden die anderen Landtagsparteien nicht die AfD-Fraktion seit einem Jahr gezielt aus dem Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung ausgrenzen, wäre für mehr Unvoreingenommenheit gesorgt, und solche Fehler könnte man vielleicht vermeiden.“
Wegen Missachtung der Geschäftsordnung des Landtags hat die AfD-Fraktion inzwischen Klage eingereicht. Auch gegen die Ablehnung des Reutlinger Pathologen Prof. Dr. Arne Burkhardt als Kandidaten für die Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie überlegen die AfD-Parlamentarier einen Gang vor Gericht, da die Mitwirkung der Fraktionen verfassungsrechtlich vorgesehen und unumgänglich ist. Juristische Berater vermuten daher, dass die konstituierende Sitzung der Kommission am 7. April für unwirksam erklärt werden könnte.